Unterwegs C
1. Zwischenstation
stets erneut
erbitte ich
mir Freundschaften
die nicht nur mit Worten
Bestand erlauben
sondern die mit Worten bauen
Selbstportrait
mir
gegenüber sitzt
mein
altes Spiegelbild
in
Jeans und langen Hemdsärmeln
hat
sich auf seine Ellenbogen gestützt
lacht
und sieht mir fragend zu
ihm
gegenüber hocke ich
so
tief in meiner Haut
kann
seinem Blick stundenlang
begegnen
und zurückfragen
doch
raus kann ich nicht
kann
nicht einmal weg, fort
an
irgendeinen anderen Ort
würde
dabei so gerne seiner Kontur
entfliehen
mich seinem Schatten entreißen
um
nicht mehr auf seinen ausgetretenen
Pfaden
meinem Ich hinterherzulaufen
Bahnhof
ICH
sie
kamen
und
gingen
sie
blieben
und
harrten aus
sie
streiften mich
wie
im hastigen Vorbeigehen
sie
lebten eine Zeit
lang
mein Leben
teilten
mit mir
Glück
und Einsamkeit
Ärger
und Leid
Verzweiflung
und Freude
Langeweile
und Lust
Unmut
und Eintönigkeit
und
meine Mittelmäßigkeit
und
doch
waren
sie alle
nur
ein Meilenstein
ein
vorbeihuschendes Fenster
ein
kleiner Lichtblick
ein
verblassender Fleck
ein
verrosteter Wegweiser
manchmal
aber auch nur
eine
unbeschriebene Seite
aus
meinem Tagebuch
manchmal
nur Frage
dann
aber auch
gar
manches Mal
nur
eine weitere Antwort
die
aber noch mehr
Fragen
über Fragen
offen
und unbeantwortet
auf
die nächste
mögliche
Antwort
mal
ungeduldig und suchend
mal
reserviert und frustriert
und
dann wieder verzehrend wartend
mir
zurückließen
sie
alle schienen
wie
Züge zu sein
aus
einem Nichts kommend
auf
ihrem Wege
in
ein weiteres Nichts
die
kurz verweilten
in
einem Bahnhof
mit
Namen ICH
Abwarten
es
ist kurz vor neun: draußen
füllt
sich mit Dunkelheit
Nacht
steht vor der Tür und
ich
kann nicht hinaus zu ihr
Sterne
hängen vor dem Fenster
ein
Mond zieht sich empor
an
dicht gefalteten Gardinen
während
ich hier drinnen
das
Schwarze durch Licht verdränge
das
Leben sich vor
meinem
Fenster abspielt
und
in der Ferne
ein
Blitz
den
Vorhang meiner Seele
zerschneidet
Auf
der Straße
auf
der Straße
sprach
ich die schöne Frau an
und
fragte
nach
der Uhrzeit
da
ich es eilig hatte
Flugzeuge
warten
bekanntlich
nicht
auf die Mitreisenden
sie
aber
nannte
mich einen Flegel
fragte
entrüstet
ob
ich nicht noch
eine
plumpere Art
eines
Annäherungsversuches
auf
Lager hätte
Aus
Langeweile heraus
aus
Langeweile heraus
sprach
ich sie an
wobei
ich lediglich
einen
Vorwand suchte
um
der Schönen
näherkommen
zu können
aus
Langeweile heraus
ging
sie sehr zögernd
auf
das Gespräch ein
und
trank mit mir
ein
Glas Selters
und
leistete mir
bei
einer Pfeife Gesellschaft
aus
Langeweile heraus
sahen
wir uns des öfteren
machten
Bummel zusammen
gingen
gemeinsam
zu
verschiedenen Veranstaltungen
aus
Langeweile heraus
küßten
wir uns
und
ich hatte weiche Knie
und
feuchte Hände
aus
Langeweile heraus
blieben
wir zusammen
und
feiern morgen
unser
fünfjähriges
gemeinsames
Überleben
aus
Langeweile heraus
Der
Dichter
gelegentlich
da
darf ich Künstler sein
Dichter
gar im eigenen Haus
der
seine Seele beschreibt
sein
Wesen in bemalte Worte kleidet
der
sie betucht, so gänzlich
schwarz
und weiß
sich
einnimmt im Stoff
sein
Äußeres bedeckt
und
pinselt und reimt
und
plötzlich
unter
dem Schlußstrich
verläuft
sich die Tinte
in
den Spuren
deines
Schweißes
wie
das Kreuz der Illusionen
auf
seiner Seelenwanderung
Nichts
desto trotz danke ich
warst
Kind, warst Frau
wurdest
viel zu schnell
für
dich jedoch nie schnell genug
zum
fraulich spielenden Kind
auf
dem Spielplatz deiner
triebhaften
Gelüste und Gier
und
stahlst dabei doch nur mir
was
ich noch gar nicht geben konnte
warst
Frau, warst Kind
gräbst
durch deine Erinnerungen
jetzt
im Steinbruch meiner Seele
machtest
meine Einfältigkeit
zum
Umschlagplatz deiner
dir
verschworenen Nebensächlichkeit
warst
Kind, bist Kind
wolltest
aber nicht warten
und
mußtest mit deinen Spielchen
meine
Spielsachen durcheinander
bringen
und immer nur dir gefällig
dich
bereichernd verunkosten
bist
Kind bist dein eigenes Kind
während
der Kindergarten deiner Lüste
jetzt
mit anderen andere Spielsachen
zerlegt
und in Verzweiflung anhäuft
denn
dein Geben war stets mein Nehmen
dabei
nahm ich doch nur mich Selber
und
du übernahmst mich einmal mehr
in
deinem Kind Frau mit deinem Kind
Verzaubert
-
für Van M.
laß
mich nicht umherschweifen
ich
sehe überall die Jäger
in
deiner wagesmutigen Nacht
im
Herzen der Seele
in
der Wolkenleere
Stille
des Himmels
drück
mich
zerdrück
mich
aber
laß mich nicht
allein
in dieser Nacht
im
Schwur unserer Gegenseitigkeit
verschworen
wie Fremde
verrannt
wie Kinder
ohne
Herkunft
ohne
Zukunft
weder
Ziel noch Richtung
je
weiter wir uns fortbewegen
desto
verwegener
die
Jäger und die Jagd
und
über uns
überall
und stets
nichts
als Nacht
nichts
als das Dunkel
des
verlorenen Lichts
Heimweh
-
vorläufig vorletzter Teil
das
ist der Traum einer Sehnsucht
die
sich in der endlosen Fülle
eines
weiten leeren Raumes
ohne
Wände ohne Zeit
unter
den Stufen des Uferlosen
zerbricht
und stets neu verliert
das
ist das verzehrende Begehren
nach
alten Namen und Zeiten
einer
längst verblichenen Farbe
jener
trunkenschweren Erinnerung
an
den entflohenen Ort
der
einmal Zuflucht und Zuhause war
das
ist die Rückkehr zu dem Etwas
was
bislang nur ein Gedanke war
eine
überschwemmende Woge
die
haltlos wegspült und vernichtet
nie
ein Zurück in der Zeit erlaubt
nur
an längst gewesene Orte
Nacht
-
Epilog auf 3 Tänze
dunkelnd
schützt sie die Liebenden
erfährt
ihre Ängste und ihr Streicheln
begegnet
heimlichsten Sehnsüchten und
entzieht
sich im Keimen einer Wonne
aber
selbst sie wähnt sich nicht
auf
ewig dunkel erträumt sie
doch
Zelte aus Lichterglanz
während
sie Leben ins Schwarze blinkt
und
doch mit Schuppen zieht sie
ein
ins Herz dunkler Ahnungen
beleuchtet
die Hoffnungen der gefüllten Seelen
und
erhellt uns Illusionen dämmernder Träume
dennoch
rahmt sie den Tag
für
uns ein und verblaßt
morgens
entschwindend aus der Sicht genommen
ruht
sie im Licht der Zeit
Aufziehend
laßt
mich doch in Ruhe
den
Umbruch meiner Seele erfahren
mit
meinen Gefühlen klar Schiff machen
abräumen
und wegstellen was es zu entfernen gilt
was
ihr mir an seelischem Morast überlassen
laßt
mich dann mit offenen Augen
einen
letzten Tropfen Morgentau trinken
mich
am Bild eurer Panzer befremden
während
irgendwo gerade ein Jemand
ergötzend
verzückt seine Raketen streichelt
dann
wieder laßt mich
euren
Aufmarsch lenken denen zu
zeigen
was uns mehr am Herzen liegt
als
Aufrüstung und Feinddarstellung denn
Rüstung
hat längst der Rost gefressen und
Darstellung
braucht keine Feinde
Eingeholt
bin
neulich und wie zufällig
schlafend
deinem Schatten begegnet
hab
mich träumend in ihm verflüchtigt
wollt
ihm entgehen
ihm
fliehend entweichen
mir
nicht in seinem Glanze
die
Augen verblitzen
wollte
dir entkommen
erst
recht nicht in deinem Schatten sonnen
und
hab mich dann auf der Flucht
verloren
in deinem makellosen Gewand
deinem
faltenlosen Daseinsgewäsch
nur
um erträumend zu erwachen
so
schweißgebadet und immer
so
trocken, so durstig
nach
Meer und Sonne voller Schatten
in
denen der Deine untertauchen kann
bis
zur Nacht
Unheilbar
verwirrendes Sehnen
einst
da war ich so unschuldig verloren wie
ein
übriggebliebenes Komma das man nebenbei
zum
Abschiednehmen pflanzt und unverrückbar
als
Pendel dem zeitlosen Warten in dem mein
Gefühl
immer mehr den Sehnsüchten entgegen
strebte
die deine Spuren unverblaßt zurück
lassen
durften diente während meine Unschuld
sich
langsam in die Tiefe deiner Verfremdung
eingrub
und darauf wartete von meinen Nach
folgern
mit Hohn und Gelächter verschüttet
und
erschüttert banal ausgeliebt zu werden
Siebenmeilenstiefel
einer Flucht
in
den Trugbildern deines Sehnens hast du
mich
so oft verloren, während deine Lippen
verzerrt
die Namen eines anderen säuselten,
während
deine Ohren sich nur dem eröffneten,
dem
du unnahbar warst, dir aber so nahe war,
während
dein Sehnen dir jedoch nur immerfort
durch
Luftschlösser, wie Wolken, hinterher läuft.
und
ich wollte lediglich diesen Schleier zerreißen,
diese
berauschende Fessel deines trügerischen Seins,
die
mich in deinem Träumen das erleben ließ,
was
ich durch dein Erträumen leben mußte.
Verloren
suchen
ohne
zu wissen
oder
zu ahnen
wonach
und wofür
doch
wissen
daß
es was gibt
was
man sucht
nur
nicht weiß
was
und
wo
nur
ahnt
daß
man etwas verloren
was
vielleicht
nie
gewesen
oder
gewesen
und
nie erfahren
Du
bin ich
Masken
- vor ihnen laufen
die
verlorenen Fragen vorbei
runzeln
stumm im Vorbeirauschen
ihre
Stirn und schmunzeln
ein
vermeintes "was-soll-das?"
verleben
in eilender
Sekundenschnelle
und verblassen
im
durchscheinenden Nachhinein
um
eure selbstlose
Wirklichkeit
zu verpfänden
fürwahr
sie sind
fälschlicherweise
doch
lediglich
und immerhin
klassisch
angehauchte Metamorphosen
die
sich auf dem Wege
von
Übermorgen nach Vorgestern
im
Ausweichen verlaufen hatten
deren
Hintergründigkeit sich
durch
Verstecken
im
Verbergen
entdecken
lassen
will
Aufschrei
-
für Wolfgang Hilbig
wenn
du sie anrufst sprach ich sei schön
ruhig
und vorsichtig mit deinen frühen Worten
bist
du ewig zu schnell wieder allein
mit
deinen späten Fragen
während
des Lauschens sagst du hört man stets
den
Atem des Anderen so tief jäh bejahend
verstümmelt
Rede die Worte wegen des Rauschens
in
denen Fragen sich verspäten
wegen
des Wartens zwischendurch die Stillen
so
zeitlos und kümmernd nebensächlich störend
die
Worte so ungesagt stetig wiederholend
durch
Rauschen erstickt im Warten einer Weile
nirgends
dein Ahnen mein spätes Hinterfragen
ruht
aufrauschend wild es betört die Sinne
wie
zufällig entgleiten Stimme Satz Wort
zu
spät in deinen Fragen
Ein letzter Gruß
beladen
und so gänzlich
abrupt
verloren so gegenstandslos
so
gegenseitig wie Blätter
die
durch Reifen beschwert und
dennoch
entladen
sich
zum laubesreigenverstreuten Häufchen
irgendwo
unten sammeln
so
beherrschen Gefühle
einstige
Bilderbögen und Fotoecken
ein
Chaos an Verwirrung und Aufgabe
erlauben
sich ein Überhäufen
zweckentgleitender
Umstände
während
inmitten aller
Zweifel
und Hintergründigkeit
vor
versammelt verpackter Mannschaft
sich
Leere füllt so endlos zäh
so
grenzenlos übermäßig
dann
beladen als Ganzes
Adieu
zu sagen
um
auf Rumpelkammern eines Morgen zu harren
Es
-
für Hermann Löns
auf
dem Balkon
so
ganz absichtlich
und
auch erst neulich
trieb
der Wind wogenhaft
die
Bilder einer Kindheit
auf
mich zu mir her
er
malte die Muster vieler Jahre
in
den Treibsand meiner Wehen
ließ
mich so gänzlich
auf
mich gestellt
erinnern
- vergessen - vergehen
während
er mich gleichzeitig
nach
dem verblichenen Damals
dem
verblaßten Ahnen eines Ortes
dem
verebbten Schlag einer Zeit
fragen
ließ und es erfragte
dieses
Es
jenes
Geschlechtslose
jenes
grabumrandete Tote
dem
ich
als
Totem
im
ständigen Winde
stehend
trotzen muß
Verlustmeldung
-
l'Abbaye
de St. Maur
in
den Räumen deiner Abgeschiedenheit und Ferne
durfte
ich mich oft verlieren und dann auch vergessen
während
der Duft deiner Apfelblüten mich treiben ließ
die
Augen gefüllt mit Sehnsucht
die
Beine beladen mit Flucht
ich
war so verloren, wie die endlosen Alpträume
die
in sternenloser Nacht suchend auf mich zuschweben
in
den Spiegeln deiner Glut, im Tosen deines Rausches
konnte
ich mein Suchen verstecken, vor mir weglaufen
mich
immerzu in den Masken deines Eitels kleiden
die
Füße besohlt mit Wehmut
das
Herz beladen mit Verrat
war
versunken, wie die Wellenkämme des Ozeans
die
durch ihr Schäumen eine Existenz nur andeuten
Visionär
verloren
versucht
zu finden
was
nie greifbarer
seltener
realistisch
in
Hintergründen
verborgen
heimlich
versteckt
hinter
vorgehaltener Hand
Überredung
zuflüsternd
Verlust
verbergend
Verborgenheit
verloren
vermißt
alleine
allein
Schwermut
buchstabierend
Alleinsein
vergessen
Vergangenem
nachlaufend
verdursten
Versprechungen
vereinsamt
Einsamkeit
vertreibend
verstoßen
Verständis suchend
verstehend
vertrieben
unverstanden
verlassend
versucht
zu finden
verloren
Vollendung
-
meinem Schatten, meinem Ich
der
Schimmer das Glitzern der Lieder
schwingt
entweichend in meinem Ohr
draußen
ist Fremde und so Abwesenheit
regnet
leise schneit es weich fällt
vorbei
am Traum entleerend erfrierend
bin
ich alleingelassen im Zimmer
sitzt
er stets nur vor mir versucht
ein
Räuspern die Nacht das Dunkel einzutrüben
so
unbemerkt beflissentlich übersieht
er
bemerkt mich nicht verkennt mich gar
so
übersichtlich derweil ein Mond mir
meine
Sterne kleidet ihnen Schwärze entzieht
durch
Licht verblendet tanzen sie zum Reigen
der
Lieder gar so still ganz ohne Musik
entschwinden
sie ungehört auf rauschenden Schwingen