Unterwegs C
2. Zwischenstation
irgendjemandem
dient ein jeder
es fragt sich nur
ob die nicht schlechter dran sind
die sich selber
dienen müssen
Verspätetes
Erkennen -
für Patrick Gates einmal vor
nicht allzu langer Zeit sah
ich einen Mann so
betrübt und wahnen Sinnes sah
wie er seine Zähne zerbrach als
er vergebens versuchte durch
die Gitter seines Herzen sich
durchzubeißen ein
ander Mal auch
nicht allzu lang vorbei sah
ich eine Zerstörung wie
sie nie zuvor gewesen zerstörte
Züge in zerbrochenem Gesicht mit
stimmlosem Hauch entlaufende Worte die
nie gesagt werden sollten ein
weiteres Mal erst
neulich und so gestern sah
ich einen Spiegel nicht
mehr heil schon erblindend blickte
hinein und erahnte des
Wahnsinnigen zerbrochene Linien in
denen mein Abschied eingeritzt
Geburtstagsgedanken
im Nachhinein sie
mag ich nicht, diese Zeit, in der ich groß,
jedoch nicht größer werden durfte, in
der ich aber reifen mußte, nur um
zu lernen, was reif und groß entzweit. in
jener Gruft schein ich nur zu schweben, trägt
mich ein Nichts, geht und bleibt entschwindend verfällt
ins Licht, trinkt mein dunkles Ahnen, derweil
Zeit mir wegläuft, fort ins Gestern.
Ausweglosigkeit gar
so manches Mal war
ich versucht zu
beschreiben in Worten oder
auch in Bildern festzuhalten
was sich kaum gedanklich
zu Markte tragen ließ vor
allem jedoch Unwissenheit zu
klären mit Fragen zu
erfragen um deren Antworten
deren Ursachen zu
hinterfragen zu ergründen zu
begründen nur
um letztendlich dann in
den Tränen einer einzigen Frage
zu ertrinken denn
ach wo geht
man hin um Auf
Wiedersehen zu
sagen wenn
eine Freundschaft stirbt
Vati -
4. Februar 1989 Deine
Bilder tun weh sie
saugen sich fest laugen
mich so aus nehmen
mir mein Dasein und
machen es zum Hier und Dort einem
schattenlosen Ort dessen
Licht so fahl ist wie
der vergebliche Versuch eines
nie endenwollenden Entkommens denn
deine Erinnerungen haben
sich mir einfach viel
zu tief eingefressen
Von
Ausflüchten und Gräbern -
für meinen verstorbenen Vater, 10. Februar 1989 eine
unendlich nachhallende, nonchalant
flüsternde Stimme
eines Stummen, die
Gedanken eines anderen,
weiteren, Nieman- den
die Wolken immer leiser hereintrugen und
den die Stille schweigend hinausführte. genau
das ist jenes Häuflein Erde, die hölzerne
Kiste, die jetzt alles festhält: zuviel
von meiner erdrückenden Angst, zu
viele meiner Antworten und Träume.
Warten
auf die Zukunft Träume
was
bleiben sie mir schon kaum
Illusionen eher
Seifenblasen getragen
von Brisen zerrissen
vom Wind den
ich so liebe so
unbemerkt unheimlich wie
sie diese Träume die
mein Kennen kaum
erdeuten kann die
beim Erwachen entschwinden entweichen
so auflösend ohne jede
Erinnerung stets nur
erahnend entgleiten sie
werden kaum erlebt entleben
sich gar selbst
im Wachwerden was
bleibt von Träumen ist Leere
nichts als große dunkle Räume
Ausklang
in Bildern -
Robert-Miller-Airport gegenüber
flackert eine Straßenlaterne versucht
so vergebens auszuleuchten was
an Nachtstunden ihr noch bevorsteht während
am Horizont schon der neue Tage lauert hinter
mir das Dröhnen von Motoren erste
Morgenschimmer begleiten sie die
noch schlaftrunkenen Passagiere zwischen
Taxen Koffern Abfertigung dort
von irgendwo ruft eine Stimme auf weckt
Wartende aus heimlichen Träumen nebenan
senkt ein Mann seine Zeitung starrt
mich an sieht durch mich durch das Leere ich
sag der Laterne leise ein letztes Hallo dreh
mich um wende mich dem Leben zu entschwinde
im Ort der Begegnungen an
dem Abschied und Ankunft sich in Nichts auflösen
Warten
auf Beweis -
für Erica Jong gelangweilt
erwartest du den Tod räkelst
dich sonnend in Langeweile um
wartend seiner endgültigen Ankunft entgegenzubräunen
und dich aufzulösen derweil
diktiert dein Gewissen dir
die Bilder einer Kindheit die
du daselbst verknipst hast Bilder
deren Fotoecken sich saugend auf
der Oberflächlichkeit deines Selbst auf
Dauer vergleichend einrahmten zwischendurch
schreibst du dein Leben und
vergleichst beschreibend den Tod mit
einer Novelle voller Blätter deren
Rot sich im Schwarz verläuft erzählend
wirst du jene Blätter beschreiben
und klecksend füllen indem
du Satz für Satz mit jedem Wort jeden
deiner verlebten Tage verstümmelnd
ausradierst und
am Ende stehst du dann so
unverschämt leer vor deinem Verleger der
in der Zwischenzeit dein Warten durch
die Angst und Furcht vor dem Verlieren eines
Lebens welches du im Verleben vorbeiziehen ließest wegbereitend
deinem Gestern verschrieb
Von
Stacheldraht und Luftschlössern -
für Catherine Rydzewska kenne
Herkunft überhaupt nicht mehr
doch kennt sie mich voll ständig
inwendig auswendig gar im
Vollen wie im Leeren und kennt
dabei doch nur das mich von
dem ich nicht mal weiß weiß
nicht mehr was mich einst von
dir trieb weiß nicht mal mehr was
ich einst gekommen wohin ich war
bin wo ich gewesen weiß nur
noch Farben im neblig-grauen Alltag
eines verspielten Einerlei jedoch
Nacht um Mitternacht um Tag wiederholt
sich der Tiefenrausch einer
unvergeßlichen Heimkehr der sich
meine Seele aus Feigheit vor dem
Neuen dem Alten ewig verschreibt und
im Gekritzel eines eingekerbten Etwas
buchstabiert sich ein Leben das
weder weiß weder kann weder noch und
dennoch kennt es mich und sich weiß
damit darum und vergibt sich ein versuchsweise
verlachendes Bekennen erkannt
wie das Wissen so das Kennen und
gleicht seinem Schicksal wie die Träume denen
sie sich zu entschwinden versuchten mit
denen sie sich zu erkennen glaubten denn
überall dort wo sich Träume im Nebel verlaufen
werden Illusionen sich an den Dornen
eines morschen Kreuzes ritzen um dann
durch ihre blutrottropfenden Tränen die
verlogene Wahrheit als stummen Schrei für
unser aller Wissen und Kennen zu knebeln
Weh
leid tun oder:
einander erfragend versuchen -
für Uwe Kolbe hinter
deinen Fragen verstecktest
du mich hinterließest
dich haschend
erahnend über
deine Antworten entrannte
ich dir überließ
dich meinen
stummen Fragen wegen
meiner Angst vor
mir selber verriet
ich dich mir
gegenüber
Interpunktion den
Brief den ich dir gestern schrieb vergaß
mein Morgen im Schutzumschlag ein
Brief den ich dir schreiben wollte ich
schrieb ihn ein ums andre Mal verfing
mich stets aufs Neue zwischen Punkten,
Kommas, Semikolons, in Fragezeichen,
Anführungsstrichen klang
ein Aufschrei nur mir verfremdend zu
lang war er um heim zu finden zu
kurz um auch nur vorbeizuschaun und
heute les ich jene Zeilen bin
versucht mich ihnen zu entziehn doch
seh ich dann dein Lächeln warten das
in meinen Worten fragend wirbt so
lockend jung und mich beschreibend so
träumend schön und dich verschreibend
Nur
verschoben wie
kam ich hierher, wo befand ich mich nur verstohlen
und kalt, allein auf weiter Flur
Sonne verspüren
Herzen berühren mich
sehnt nach Haut, nach Nähe, weg vom Gewirr dich
nochmal zu halten, versinken in dir etwas
wie Flucht entließ mich, von euch, von dort entsagte
mir Heimat, ohne Gruß und ohne Wort
Ängste vertreiben
Seele beleiben dich
genesend trinken, trunken entschwinden tief
in meinem Frieren dein Feuer finden Leere,
Schwärze füllt mich mit Abwesenheit bin
so voll davon und dann auch weg, so weit
Sehnsucht verzehren
Liebe gebähren unser
Warten enteilt, will sich uns erträumen muß
Dasein weichen, Platz für Fühlen räumen
Saatgut doch
ich, sagst du, hab leider keinen Mut,
mich einmal selber zu verliern, denn
ich will mich nicht verraten, will
mir keine Zwischenräume fülln. mein
Leben möcht ich zwanglos führen, Wahrheit
sagen, sehn und nicht nur hörn, mir
Beschränkungen vergeben, dann
mir deine Träume neu ausfülln. und
folgen möchte ich so gerne, dem,
der nicht andauernd folgt und führt, möchte,
daß mir einer zuhört, der
nicht nur mit meinen Worten spricht, mit
dir mein Leben neu verlieren, will
nicht rasten, auch nicht parieren, Leerlauf
nicht, kein Warten, ich will mehr - mehr
vom Leben als ein Ahnen nur.
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